Mut haben zum Freigeben

Gib Dein Material frei, indem Du es offen lizenzierst, in einem offenen Format online stellst und es mit einer maschinenenlesbaren Lizenz auffindbar machst.

Die Freigabe des erstellten Materials, ist der zentrale Moment bei offenen Bildungsmaterialien. Der Schritt erfordert in erster Linie Mut. Denn nach der Freigabe werden potentiell viele andere Menschen mein Material sehen und nutzen können. Das schließt auch solche Nutzungsvarianten ein, die ich bei der Freigabe vielleicht gar nicht im Blick hatte. Warum sollte ich mich dennoch (oder gerade deshalb) zu einer Freigabe entschließen? Einige Gründe:

  • Von Marie von Ebner-Eschenbach ist das Zitat überliefert, dass Wissen das einzige Gut sei, das sich vermehre, wenn man es teile. In diesem Sinne kann ich mit der Freigabe meines Materials dazu beitragen, Bildung für alle besser zu machen.
  • Die Freigabe meines Materials kann für mich selbst eine entlastende und auch eine bereichernde Funktion haben: Vielleicht habe ich lange daran gearbeitet - nun kann ich mich zurücklehnen und erst einmal beobachten, was andere damit machen. Vielleicht erhalte ich auch Feedback dazu, was mir bei diesem oder auch bei zukünftigen Materialien weiterhift. Und vielleicht ergeben sich durch die Freigabe auch neue Kontakte und Projektideen.
  • Mit der Freigabe meines Materials erhält mein Material Reichweite. Ich habe nicht nur für eine eng eingegrenzte Zielgruppe gearbeitet (oder sogar nur für die eigene Dateiablage). Mein Name oder meine Organisation wird bekannter.

Für eine erfolgreiche Freigabe meines Materials muss ich die folgenden fünf Aspekte beachten.

  • 1. Offen lizenzieren:
    Unbedingte Grundlage für die Freigabe eines Materials ist die Veröffentlichung unter einer offenen Lizenz. Im Bildungsbereich werden dazu meist die so genannten Creative Commons Lizenzen verwendet. Zu den OER-Lizenzen im engeren Sinne zählen hier die Lizenzen 'mit Namensnennung' (= CC BY) sowie 'mit Namensnennung und unter gleichen Bedingungen weiter nutzen' (= CC BY SA). Außerdem kann ich mein Material umfassend freigeben. Dann müssen andere gar keinen Lizenzhinweis mehr angeben (= CC0, Public Domain).
    Als Faustregel bei der Auswahl der Lizenz gilt: Wenn es mir wichtig ist, dass mein Name genannt wird, dann CC BY, sonst einfach Public Domain. CC BY SA ist dann nötig, wenn ich Materialien von anderen weiter verwende, die unter CC BY SA veröffentlicht sind.
  • 2. Lizenzhinweise und Credits ergänzen:
    Wenn in meinem Material urheberrechtlich geschützte Inhalte enthalten sind, dann steht das im Widerspruch zu einer offenen Lizenzierung. In diesem Fall muss ich diese Inhalte zunächst entfernen oder nach offen lizenzierten Alternativen suchen.
    Offen lizenzierte Materialien, die ich im Rahmen meines Materials weiternutze, muss ich mit einem Lizenzhinweis versehen. Dabei hilft mir die TULLU-Regel. Das ist eine Merkhilfe für Titel, Urheber, Lizenz, Link zur Lizenz und Ursprungsort und damit für die Elemente, die ich im Rahmen des Lizenzhinweises angeben muss. Übrigens: Wer Bilder von Flickr verwendet, kann sich das Schreiben eines Lizenz-Hinweises dank des Tools ImageCodr einfach machen; bei Medien aus der Wikipedia hilft der Lizenzhinweisgenerator.
    Ich helfe anderen, wenn ich auch bei gemeinfreien Medien einen kurzen Credit ergänze, woher das Bild stammt. Rechtlich erforderlich ist das nicht.
  • 3. Auffindbar machen:
    Eine offene Lizenz allein hilft noch nicht viel, wenn andere mein Material nicht finden und weiter nutzen können. Zwischen meinem Material und den potentiellen Nutzer*innen steht in der Regel eine Suchmaschine. Die Suchmaschine wird mein Material dann als OER erkennen, wenn die Lizenz maschinenlesbar ist. Der sicherste Weg, um eine Maschinenlesbarkeit zu erreichen, ist eine Gestaltung mithilfe des offiziellen Creative Commons Licence Chooser. Ob die Maschinenlesbarkeit gegeben ist, kann anschließend mit dem URLCheck überprüft werden.
    Zur Auffindbarkeit sind darüber hinaus aussagekräftige Metadaten von Vorteil. Ich nutze deshalb die Möglichkeit, Schlagworte und Beschreibungen einzugeben, wenn die verwendete Plattform diese Möglichkeit bietet.
  • 4. Angaben zur Weiternutzung machen:
    Wenn ich schon einmal selbst einen Lizenzhinweis geschrieben habe, dann weiß ich, wie hilfreich Angaben zur Weiternutzung innerhalb der Lizenz sind. Diese kann ich im Licence Chooser im Abschnitt ‘Helfen Sie anderen, die Namensnennung korrekt vorzunehmen!’ ganz einfach ergänzen.
  • 5. Offen zur Verfügung stellen:
    Mit einer offenen Lizenz allein, ermögliche ich anderen nicht oder nur sehr eingeschränkt eine Weiternutzung meines Materials. Mein Anspruch sollte es sein, Formate zu wählen, die andere einfach verändern und anpassen können. Das funktioniert z.B. bei einfachen Textdokumenten oder auch bei spezifischen OER-Editoren wie zum Beispiel H5P. Grundsätzlich gilt: Je vielfältiger die Formate, desto mehr Menschen können das Material potentiell weiter nutzen.

Eine häufig gestellte Frage ist 'Wo soll ich mein Material online stellen?'. Möglich ist dies z.B. in einem eigenen Blog, auf Projektseiten/ Websites meiner Organisation oder auch bei der Bildungsmaterialspende.

Wenn mein Material dann offen online steht, dann ist eines ganz wichtig: Ich kann mir selbst und allen anderen am Projekt beteiligten Personen auf die Schultern klopfen. Mehr noch: Wir können und sollten uns dafür feiern, dass wir ein offenes Bildungsmaterial veröffentlicht und damit zu einer immer weiter wachsenden Sammlung an freiem Wissen für alle beigetragen haben!

Am Beispiel OERworkflow erklärt

Das Lernangebot OERworkflow ist als offenes Bildungsmaterial freigegeben. Die obigen Anforderungen und Vorschläge finde ich somit bei diesem Material wieder:

  • Das Material ist offen lizenziert. Die gewählte Lizenz ist CC BY 4.0. Sie steht ganz unten auf der Website.
  • Auf der Website werden von anderen erstellte Bilder verwendet und ein Design von HTML5Up. Die Bilder bei Unsplash stehen unter Public Domain und benötigen deshalb keinen Lizenzhinweis. Dennoch ist die Angabe der Vollständigkeit halber aufgenommen.
  • Die Lizenz auf OERworkflow.de ist maschinenlesbar und damit für Suchmaschinen auffindbar. Das kann ich überprüfen, indem ich https://oerworkflow.de in den URL-Check eingeben.
  • Wenn ich das Material weiter nutzen möchte, finde ich in der Lizenz alle gemäß der TULLU-Regel benötigten Elemente: Titel (=OERWorkflow), Urheber (= Nele Hirsch, eBildungslabor), Lizenz (= CC BY 4.0), Link zur Lizenz (=), Ursprungsort (= oerworkflow.de)
  • Alle Inhalte sind nicht nur auf der Website, sondern auch auf Github eingestellt und können dort beliebig weiter genutzt und verändert werden. Eine kommentierbare Version gibt es als GoogleDoc. Interaktive Materialien sind mit H5P erstellt und können einzeln weiter genutzt und remixt werden.

Weiterlernen und erkunden

Matthias Andrasch hat unter dem Titel *Die Schönheit des offenen Teilens’ ein Manifest für CC0 veröffentlicht. Es lohnt sich anzusehen - auch wenn man ‘nur’ unter CC BY freigeben will, weil es insgesamt den Mut zum Freigeben gut beleuchtet.

Checkliste zum Überprüfen und Selbermachen

Mit dieser Checkliste kann ich überprüfen, ob ich bei der Freigabe meines Materials alle wichtigen Aspekte beachtet habe.

Zusammenfassung: tl;dr

Offene Bildungsmaterialien ermöglichen eine umfassende Weiternutzung im Sinne einer freien Verwendung, Bearbeitung und Verbreitung. Damit das auch mit meinem erstellten Bildungsmaterial gelingt, sollte ich es offen lizenzieren und in einem offenen Format verbreiten. Außerdem muss ich bei der Veröffentlichung darauf achten, dass es im Netz als OER auffindbar ist.

Nächste Lerneinheit: Feedback wertschätzen